Der wöchentliche Wachaufzug im Kreml ist eine Neuerung der Saison 2005 (foto: rufo)
Montag, 31.10.2005
Kreml-Wache: Zackigkeit als Touristen-Magnet
Moskau. Seit Frühjahr bietet Moskau für die Gäste der Hauptstadt eine neue Sehenswürdigkeit: Der Wachaufzug auf dem Kathedralenplatz des Kremls. Am Samstag ging die erste Saison des Historien-Spektakels zu Ende.
Früher war die Wachablösung vor dem Grabmal des unbekannten Soldaten ein sowjetisches Zeremonial, das kein Gast der russischen Hauptstadt verpassen wollte. Nun ist Moskau um eine Sehenswürdigkeit im vorrevolutionären Stil reicher: Der Wachaufzug wurde seit dem 2. April regelmäßig jeden Samstag Mittag im Kreml inszeniert.
Die Kreml-Wache trägt neu gestaltete Uniformen im historisierendenStil (foto. rufo)
Zum ersten Mal wurde die Zeremonie allerdings schon am 17. September 2004 durchgeführt. Danach war der Wachaufzug 29 Mal auf der „Sobornaja Ploschtschad“ und fast ebenso oft außerhalb des Kremls zu sehen und zu hören – denn die Militärkapelle unter Musikmeister Jewgeni Nikitin gehört ebenfalls zum Drehbuch des Spektakels.
Zwei Mal die Woche wird trainiert
Soldaten, die am Wachaufzug teilnehmen, bekommen ein spezielles Training. Wie lange das dauert, hängt von der einzelnen Person ab, sagte der Kommandeur des Präsidenten-Regiments, Generalleutnant Oleg Galkin. Seine Soldaten üben im methodischen Zentrum Kupawa bei Moskau das zackige Ritual zweimal pro Woche für drei bis vier Stunden. Um dabei zu sein, muss ein Soldat mindestens schon drei Monate beim Millitär gedient haben, üblich sind aber fünf bis sechs Monate, sagte Galkin.
Die Kreml-Pferde blieben lieber vor der Stadt
Zwölf Pferde gehören zur Kreml-Garde (foto: rufo)
An der formalisierten Wachablösung nehmen auch acht Pferde teil. Insgesamt verfügt die Kremlkommendantur über zwölf speziell ausgewählte, sehr ruhige Reittiere. Sie leben auf einem Gehöft 30 Kilometer von Moskau entfernt ist. Schion deshalb sei es schwierig, tägliche Wachaufzüge zu organisieren, so Galkin. Der Transport in die Innenstadt sei ein großer Stress für die Tiere. Doch im Zentrum sei es unmöglich, einen Pferdstall zu bauen.
Der Kreml will noch attraktiver werden
Der neue Wachaufzug ist nur ein Teil eines großen Image-Werbeprogramms mit dem Kreml als Zentrum. Um den Präsidenten-Antsitz wurden holländische Tulpen (ein Geschenk der niederländischen Botschaft) gesetzt. Auch war im Aleksandrowski-Garten sonntags immer ein Orchester zu hören.
Wie Kremlkommandant Generalleutnant Sergej Chlebnikow erzählte, steht dort auch eine Eiche, die der erste Kosmonaut Juri Gagarin gepflanzt hat. Alsbald werde neben ihr ein Gefäß mit Eicheln aufgestellt. Dann könne jeder Besucher eine mitnehmen und zu Hause seine eigene Gagarin-Eiche heranziehen.
2006 feiern die Kremlmuseen ihr 200. Jubiläum. Auch das Kremlregiment begeht seinen 70. Geburtstag. Die Moskauer Stadtregierung und die Kremlkommandantur haben dazu große Pläne: Chelbnikow nennt die Stichworte Singvögel, Rosarium, und einen Wachaufzug auf dem Roten Platz. „Wir haben viel vor – was ist derzeit aber noch ein Geheimnis“.
Wachsoldaten auf Schokolade und aus Plastik
Schokolade mit der Kreml-Garde auf der Verpackung soll Souvernirkäufern Appetit machen (foto: rufo)
Ähnliche Wachwechsel-Zeremonien wie in Moskau gibt es auch in vielen anderen europäischen Ländern, etwa in England, Dänemark, Frankreich und Spanien. Bei ihnen machte Moskau nun nicht nur eine Anleihe, was die Attraktivität des Uniform-Spektakels selbst angeht, sondern auch betreffs dessen wirtschaftlicher Seite.
Das städtische Komitee für Tourismus schloss bereits einen Vertrag mit der Gilde der Kremllieferanten ab. Ab der nächster Saison sollen Schokoladen und Bonbons mit Wachaufzugs-Motiven in den Handel kommen. Außerdem ist nach englischem Muster der Verkauf von Kremlwache-Puppen geplant.
Heutzutage sei der Kreml als Hauptsehenswürdigkeit Moskaus so offen wie nie zuvor, sagte der Vorsitzende des Tourismus-Komitees Grigori Antufejew. Die Saison sei sehr erfolgreich gewesen und habe alle Erwartungen übertroffen. Allerdings zeige ein Blick in die Statistik, dass im ersten Halbjahr weniger ausländische Gäste das Land besucht hätten, erklärte Antufejew.
(-ada/.rufo)
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