Der pyramidale Reliquienschrein der Sowjet-Ära ist brüchig geworden. Jetzt wird Lenins Gruft saniert (Foto: Alex Zelenko/wp)
Montag, 24.12.2012
Lenin-Mausoleum ist baufällig: Sanierung wird nötig
Moskau. Anders als geplant wird das Lenin-Mausoleum am Roten Platz Ende Dezember nicht wieder für Besucher geöffnet. Nicht die Mumie des Revolutionsführers, sondern das Gebäude ist reparaturbedürftig.
Das Mausoleum mit der in einem Glassarkophag aufgebahrten Leiche des 1924 verstorbenen Wladimir Lenin war Ende September für Besucher geschlossen worden. Derartige vorübergehende Schließungen der kommunistischen Wallfahrtsstätte werden regelmäßig vorgenommen, damit die Lenin-Mumie von Spezialisten aufgefrischt werden kann.
Jetzt wird sich die Schließung aber mindestens bis Ende April 2013 hinziehen. Bei Untersuchungen des Gebäudes selbst wurden Deformierungen und feuchte Stellen in dem Gemäuer entdeckt.
Eventuell Schutzdach über dem Mausoleum nötig
Wie Sergej Dewajtow, Sprecher des für die Sowjet-Kultstätte an den Kreml-Mauern zuständigen Föderalen Wachdienstes FSO erklärte, ist das Mausoleum in seiner über 80-jährigen Geschichte nie grundlegend saniert worden. Einzig 1973 sei einmal das äußere Erscheinungsbild des Mausoleums und der später angebauten Tribünen überarbeitet worden.
In Kürze werde deshalb rund um das Mausoleum eine Baustellenzone eingerichtet. Bei Bedarf werde man auch das ganze Gebäude mit einer schützenden Kuppel überspannen. Noch offen ist, ob der Leichnam Lenins während der Sanierungsarbeiten aus dem Mausoleum entfernt wird oder nicht.
Kulturminister beidhändig für Umbettung
Die Frage, ob der einbalsamierte Lenin nicht besser würdig unter der Erde bestattet als weiterhin zur Schau gestellt werden soll, wird in letzter Zeit in Russland nicht besonders intensiv diskutiert. Zuletzt hatte sich der neue russische Kulturminister Wladimir Medinski im Juni für eine Bestattung ausgesprochen. Man habe dies vor den Wahlen nicht gemacht, um die Zustimmungsquote zur Staatsmacht nicht zu beschädigen. Nun hätte man freie Hand.
Anderthalb Jahre vor seiner Ernennung hatte Medinski, damals Duma-Abgeordneter, das Mausoleum noch als „plumpe, heidnisch-nekrophile Mission auf dem Roten Platz“ bezeichnet und eine Kampagne zur Lenin-Umbettung gestartet.
Kreml schiebt Entscheidung auf die lange Bank
Wladimir Koschin, der Chef der Präsidentenverwaltung, hatte im Januar davon gesprochen, dass diese „politische Entscheidung“ in erster Linie vom Präsidenten getroffen werden müsse. Wann dies geschehe, könne er nicht sagen, aber es passiere „nicht morgen und nicht übermorgen“.
Die russisch-orthodoxe Kirche befürwortet zwar prinzipiell ein endgültiges Begräbnis Lenins, will diese Entscheidung aber nicht forcieren. Bei der Erörterung dieser Frage sollten die Meinungen aller Gesellschaftsschichten berücksichtigt werden und „nichts getan werden, was Brüche und Spannungen verursachen würde“, so der Pressesprecher der Kirche, Erzpriester Wsewolod Tschaplin.
Die Kommunisten entsetzt allein der Gedanke
Strikt gegen eine Umbettung Lenins sind die Kommunisten. Ihr Parteichef Gennadi Sjuganow sieht darin eine „Schändung der Sowjetära“ und einen Angriff auf die Grundfesten der Russischen Förderation. Im übrigen sei Lenin ja schon bestattet, argumentieren die Kommunisten: Sein Leichnam liege schließlich unter dem Niveau des Erdbodens.
Umfragen zufolge ist etwa ein Viertel bis ein Drittel der russischen Bevölkerung gegen die Entfernung der Lenin-Mumie aus dem Mausoleum.
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